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Münchner Theaterwoche
Ich legte mich dem Publikum zu Füßen
Eine deutsch-französische Geschichte seit Gründung der Stadt Marseille vorgetragen
von Heinz Kaschubek auf Initiative des Arbeitsamts München mit anschließendem Torwandschießen
Theaterabend von Stefan Kastner
Heinz Kaschubek, 58, hält sich mit Gelegenheitsjobs seit vielen Jahren über Wasser. Der Studentenservice des Arbeitsamts München, dem neuerdings an einem völkerverständigenden Image gelegen ist, beauftragt ihn mangels anderer personeller Möglichkeiten, einen Vortrag zur deutsch-französischen Geschichte zu halten. Das Honorar: eine bezahlte Recherche-Reise für zehn Tage in Frankreich. Doch Kaschubek verliert sich in den Tiefen der Historie und taucht erst wieder beim Torwandschießen auf.
Egbert Tholl schreibt in der Süddeutschen Zeitung vom 02.07.2024:
Der Wirt regiert
Stefan Kastners „Ich legte mich dem Publikum zu Füßen“ ist ein theatralisches Meisterwerk.
Diese wundersame Geschichte der deutsch-französischen Freundschaft beginnt an der Küste des Ionischen Meeres. Von dort brach Olga Kosakiewicz auf, die man sich leichter Hand als babylonische Prinzessin vorstellen kann, schließlich wird sie von Katarina Morfa gespielt. Olga also gelangte nach Marseille, musste die Stadt aber erst einmal gründen, was für sie nicht so schwer war, da sie eine Torwand, gefertigt aus den Rädern der assyrischen Streitwagen, dabei hatte. Wenn man in EM-Zeiten Theater macht, braucht es mindestens eine Torwand, auch wenn diese hier nicht so richtig zum Einsatz kommt (...).
Stefan Kastner ist vermutlich der einzige Theatermacher, der innerhalb einer Stunde Arbeitsamt, Gurkengläser im Edeka, Jean-Paul Sartre (leider abwesend, siehe Mangel an Förderung), Simone de Beauvoir (in Gestalt von Susanne Schroeder, herrlich anwesend), Papsttum, Résistance, deutschen Widerstand gegen Hitler (in Gestalt von Carl-Henrich Schroeder, subtil, Kastner selbst), die Merowinger und Wirtschaftswundermenschen kann. Am Ende ist aus all dem tatsächlich eine kleine Nussschale geworden, in der die jungen Damen der französischen Akademie Avignon und Rom die päpstlichen Gärten zwischen Avignon und Rom pflegen. Hier tanzt Stülpnagel zur Musik von Lully, bevor der Stauffenberg-Plan scheitert. Und hier regiert der Wirt. Nicht nur von der musikalischen Begleitung her ist Rainer Haustein ein Fafner des Gastgewerbes (Richard Wagner: Wurm, der liegt und besitzt).
Wo andere akademisch Pfaugeschwung größer philosophischer Anstrengungen unternehmen, hüpft Kastner durch eine Blumenfelder voller Motive, pflückt Blüte um Blüte und gibt sie weiter an seine wunderbaren Darsteller. Morfa singt besser als eine Arie Antique von Paisiello, Haustein ist der brodelnde Urgrund jeglicher Emotionalität, Schroeder nimmt Maß für zusammenhängende Gedanken, und Simone de Beauvoir mit glitzernden Intellekt durch Gefilde des Trosts und der allumfassend klugen Weltsicht. Ach, es ist so schön.
Schauspiel Katarina Morfa, Susanne Schroeder, Rainer Haustein, Stefan Kastner sowie Leni Bauerschmit-Sodré, Mia Kaiser und Karla Mengele | Regie Stefan Kastner | Dramaturgie Guido Huller | Bühne Thomas Thalhammer | Kostüme Ilona Wittmann | Licht Stefan Staub | PR-Arbeit Kathrin Schäfer | Layout Udo Vollmer | Produktion Uli Zentner
Termine: Fr, 06.06. + Sa, 07.06. | 20:00 + So, 08.06. | 18:00
Ort: schwere reiter
Tickets: 30 € Support-Ticket | 20 € normal | 12 € ermäßigt | 5 € Mindestpreis
Optionale Aufschläge (Klimafolgekosten-Ticket, siehe Rubrik "Tickets"): 4 € beim Support-Ticket | 2 € in den restlichen Preiskategorien
Münchner Theaterwoche 2025
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Ab 12 JahrenFestivalschwere reiter halleTheater
Gefördert durch Fonds Darstellende Künste, GVL, Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, Kulturstiftung der Stadtsparkasse München, Bezirk Oberbayern, Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg 09 und Bezirksausschuss Schwabing-Freimann 12
©️ Foto: Franz Kimmel